Aleks Radan

Waldkauz

Diplom Praxis
Prof. Alex Oppermann

Kunst

In meinem letzten Semester an der Hochschule habe ich mich vor allem mit diversen Steckbriefen beschäftigt. Da ich jetzt, zum krönenden Abschluss, einen Steckbrief über mich selbst gestalten darf, weiß ich also aus Erfahrung, was sich für einen solchen am besten eignet: Ein paar Sachen von früher, ein paar von heute.
Als ich kürzlich den Dachboden meiner Eltern leerräumte, fand ich diesen alten Text, den ich in der 8. Klasse geschrieben habe. Hier nun wiederaufbereitet:
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich als Kind einschlafend hinten auf der Rückbank des Autos saß, während die Eltern uns nach Hause fuhren. Mehrere Dinge gingen mir durch den Kopf. Wenn ich jetzt, kurz vor dem Parken des Autos, einschlafen würde, hätte ich den Vorteil, den langen Weg zum Haus nicht selbst machen zu müssen, sondern liebevoll von meinen Eltern getragen zu werden. Sie würden mich nicht nur ins Haus tragen, sondern mir auch die Klamotten und Schuhe ausziehen und mich in mein Bett legen. Wenn ich aber nicht den Schlafenden spielen würde, könnte ich sicherlich den Moment auskosten und länger aufbleiben. Ich müsste nicht gleich ins Bett und könnte beispielsweise beobachten, wie es sich so verhält während ich sonst schon schlafe. Ich entschied mich für ersteres. So über die Schulter geworfen, die Mutter vorne hinauslaufend, konnte ich meine Augen offenhalten und niemand schöpfte Verdacht. Ganz so spät war es dann doch nicht, denn viel war noch zu erkennen. Komischerweise sah ich nicht den Rücken meines Vaters hinunter, wie man in dieser Position vermuten könnte. Vielmehr sah ich den Weg durch die Augen meines Vaters. Ich konnte deutlich nach vorne sehen. Ich sah, was mir entgegenkam, ein Busch, der schon länger nicht beschnitten worden war und dessen Äste deshalb weit in den Gehweg hineinragten. Mein Vater bemerkte die grün beblätterten Äste und wich ihnen ganz sanft aus. Ich drehte meine linke Hand ein wenig nach außen und konnte so im Vorbeischweben ein kleines Blatt abzupfen, ganz unbemerkt. Dieses Blatt beobachtete ich dann genauer, während mein Vater die letzten Meter zum Haus zurücklegte. Eine klitzekleine Spinne bewegte sich hektisch auf dem Blatt hin und her. Ich fand die Situation merkwürdig: Mein Vater trug mich, und ich die Spinne. Eigenartigerweise hatte ich auch keine Angst vor dieser Spinne, wie sonst. Aber mutig genug, sie mit ins Haus zu nehmen, war ich nicht. Kurz vor der Eingangstür ließ ich das Blatt fallen in der Hoffnung, dass die Spinne mir nicht folgt. Mein Vater stellte mich auf meine Füße ab – und mit einem Augenzwinkern wurde mir vermittelt, dass ich den Rest ja selbst schaffe.
Aus meinem Tagebuch 2004:
In dieser Nacht träumte ich sehr viel. Meine Freunde waren alle da. Ich habe sie nicht erkannt, wusste aber, dass sie es waren. Wir tummelten uns alle in einem bunten Raum mit hohen Decken. Das Licht strahlte nicht von oben auf uns herab, sondern schien den Raum vom Boden aus zu erleuchten – und das, ohne uns dabei zu blenden. Ein Gesicht war dann doch klar zu erkennen: das meines guten, vielleicht besten Freundes Martin. Nachdem ich ihn kurz gesehen hatte, die Augen versteckt hinter beschlagenen Brillengläsern, stand er von da an nur noch mit dem Rücken zu mir. Ich flog um ihn herum und versuchte sein Gesicht noch einmal zu sehen, ohne Erfolg. Scheinbar drehte er sich in gleicher Geschwindigkeit mit, sodass ich sein Gesicht maximal im Profil wahrnehmen konnte. Wir drehten uns gemeinsam und verschwanden allmählich aus meinem Sichtfeld. Nach einer Weile erkannte ich, dass all die anderen einen Kreis um uns formten. Es war, als würden wir tanzen.